Der Professor der Slowakischen Technischen Universität Vladimír Slugeň beschäftigt sich mit der Kerntechnik schon mehr als 30 Jahre. Er erinnert sich auch an die Zeiten, als die Manager der italienischen Firma Enel, welche die Energiegesellschaft Slovenske Elektrarne a.s. privatisieren wollte, im Entscheidungsprozess standen, ob das KKW Mochovce fertigzustellen ist oder nicht. Dies ist eine Übersetzung eines Artikels, der ursprünglich auf Slowakisch veröffentlicht wurde von Denník N.
Würden Sie das sich im Aufbau befindliche Kernkraftwerk in Mochovce als sicher bezeichnen?
Ja. Es ist jahrelang bewährter KKW-Typ, zuverlässig und sicher. Solche Kernanlage wurden weltweit insgesamt 19 Stück gebaut und zurzeit sind diese in verschiedenen Etappen des Betriebs. Dauerhaft stillgelegt ist nur der Block 5 der Kernanlage in Greifswald (Deutschland). Nach dem Zusammenrechnen stellt man fest, dass diese Technologie beinahe eintausend Reaktor-Jahre Betriebserfahrungen hat. Und jetzt behaupten die Österreicher, dass diese Technologie löchrig wie ein Emmentaler ist und dass das Reaktor-Containment herunterfällt. Das ist doch nicht wahr. Diese Behauptung ist Unsinn. Sogar auch in anderen Reaktortypen weltweit ist nie so etwas eingetreten. Die Wände der hermetischen Zone um den Reaktor herum wird von einer 1,5 m dicken Stahlbetonwand gebildet, die seismisch beständig ist und auch für ein großes Erdbeben ausgelegt ist.
Die Österreicher stellen die langjährige Beständigkeit der sich im Bau befindlichen Reaktorblöcke in Mochovce in Zweifel und zwar infolge des Bohrens in der hermetischen Zone um den Reaktor herum…
Ich möchte Ihnen kurz erklären, worum es bei diesen Bohrungen geht. Die internationalen Standards werden ständig strenger und deshalb kam die Anforderung seitens des Amtes für Atomaufsicht UJD, den Bau auch für den Fall eines auslegungsüberschreitenden seismischen Ereignisses zu verstärken.
Vladimír Slugeň
(1962)Er studierte Nuklearenergetik an der Elektrotechnischen Fakultät der Slowakischen Technischen Universität, erwarb den Titel CSc. (1993) und DrSc. (2010) im Fachgebiet Bau von Kernkrafteinrichtungen. Er ist Professor im Fachgebiet Nuklearenergetik (2005) und absolvierte Studienaufenthalte im Kernkraftwerk Jaslovské Bohunice, in der deutschen Firma Siemens-KWU und anderswo. Ab dem Jahr 2004 ist er Vorsitzender der Slowakischen Nukleargesellschaft und in den Jahren 2009 – 2011 war er Präsident der Europäischen Nukleargesellschaft.
Etwas über die Bohrungen in Mochovce
War es die Reaktion auf Fukushima?
Nein, das war noch früher, im Jahre 2008. Die seismische Verstärkung bedeutet, dass man verschiedene Stahlbetonkonstruktionen in den hermetisch abgeschlossenen Bereichen zufügt, um die Stabilität der Komponenten zu garantieren.
Und deshalb wurden Bohrungen in die hermetische Schutzzone, die man auch Containment nennt, mit dem Reaktor und den Dampfgeneratoren gemacht?
Zum Beispiel ein Dampfgenerator wiegt 100 Tonnen und seine Länge beträgt 12 Meter. Damit die Dampfgeneratoren, Pumpen oder Armaturen bei einem Erdbeben nicht in Bewegung gebracht werden können, wurden Hilfsverankerungselemente beigefügt.
Die gesamte hermetische Zone beginnt sich zu bewegen?
Selbstverständlich. Dazu ist die Kernanlage ausgelegt. Schwere Komponenten mit anderem Ansprechen und Beschleunigungen. Bei der Erhöhung der Erdbebenbeständigkeit der Kernanlage werden Verankerungselemente, Platten und Stützen sowie weitere Elemente beigefügt, an welche dann die verfahrenstechnischen Komponenten angeschlossen werden.
Und das wurde mit dem Bohren ins Containment durchgeführt?
Genauso. Das sind die Bohrungen. Die genannten Platten wurden laut dem präzisen Projekt an der Wand befestigt. Das ist eine übliche Praxis.
Wird damit die Beständigkeit des Containments nicht beschädigt?
Gerade umgekehrt, die Beständigkeit des Containments wird damit erhöht. Wir sprechen über eine Wandstärke von 1,6 m. Die verstärkende Platte hat eine Verankerung von ca. 50 cm und wird im Vorspannbeton des Containments isoliert. Man hat dort immer noch 1 m Stahlbeton. Die Verstärkung lässt keine Bewegung des Gebäudes zu. Jedoch der Kernpunkt, den die Österreicher nicht verstanden haben, liegt woanders.
Und wo?
In dem ursprünglichen Projekt wurde berechnet, dass das Bauobjekt einem bestimmten Erdbeben standhält. Die neu dazugekommenen Vorschriften haben dazu geführt, dass die Kernanlage für ein Erdbeben verstärkt wurde, das in diesem Gebiet nie war und welches vielleicht einmal in 100 Tausend Jahren zu erwarten ist. Diese Verstärkung wurde zur Beherrschung von einer mehr als doppelten Überbelastung (0,15 g, ursprünglich 0,06 g) überdimensioniert.
Gab es ein solch starkes Erdbeben bei dem Störfall in Fukushima?
Auf der Skala von 1 bis 10 war es die Magnitude 9,0 der Richterskala. Die Reaktorblöcke haben auch ein solch extremes Erdbeben bewältigt. Das Problem wurde erst von der Folgewelle aus dem Meer – Tsunami verursacht. Zum Beispiel, die Kernanlage in Armenien vom Typ WWER-440, welcher auch in Mochovce eingebaut ist, hat problemlos ein Erdbeben mit der Magnitude von 6,9 der Richterskala bewältigt.
Was ist dort passiert?
Die Japaner haben den Reaktor abgestellt, das Erdbeben wurde beherrscht und danach begann man mit der Abkühlung der Reaktorblöcke. Jedoch wegen der gigantischem Tsunami-Wellen hat man alle Dieselgeneratoren sowie die Stromzuführung zum Antrieb der Pumpen verloren. Nach einigen Stunden gab es keine Möglichkeit mehr, die Wärme abzuführen und deshalb wurden die Brennelemente überhitzt und geschmolzen. Beim Schmelzen wurde der in die Hilfsgebäude abgeblasene Wasserstoff freigesetzt, der explodierte. Das war gar keine Nuklearexplosion. Auch bei diesem Störfall kam es nicht zur Freisetzung von Strahlen, welche eine Auswirkung auf die Gesundheit der Bevölkerung dieses Gebiets hat oder haben wird. Das sind nicht meine Worte, sondern die Stellungnahme der Weltgesundheitsorganisation, die sich mit diesem Problem intensiv auseinandergesetzt hat.
Auf welche Magnitude wird der Reaktorblock 4 in Mochovce nach Anwendung der neuen Standards gesichert?
Die Kernanlage wird auf horizontale Beschleunigung ausgelegt. Das ist eine messbare physikalische Größe. Die Richterskala oder genauer gesagt, die lokale Magnitude spricht nur über Auswirkungen, jedoch nicht über die Größe der horizontalen Beschleunigung. Die Kernanlage Mochovce ist gebaut, um ein maximales Erdbeben zu bewältigen, welches in diesem Gebiet auftreten kann. Der Grund für die Anwendung neuer Standards liegt in der Verbesserung der Parameter der seismischen Sicherheit und es ist entschieden falsch zu behaupten, dass das Kernkraftwerk Mochovce löchrig ist.
Den Vorwurf aus Österreich kann man auch so verstehen, dass hier nicht das Bohren allein angefochten wird, aber man behauptet, dass das Niveau der Pfuscherei so war, dass die langfristige Beständigkeit des Stahlbetoncontainments bei diesem Bohren beschädigt werden konnte.
Ich staune über den Mut der Österreicher, so etwas zu behaupten. Waren die Österreicher dort?
Die Basis für solche Behauptung ist eine ungenannte Quelle aus dem Baumilieu. Es war jedoch auch Ing. Mario Zadra dort, der auch die Sicherheit der Reaktorblöcke in der Pressekonferenz der Partei Progresívne Slovensko in Frage gestellt hat.
Ja, und danach sind auch Informationen hinsichtlich der Probleme aufgetaucht, die in dieser Zeit längst berichtigt wurden. Das, was der Herr sagt, hat oft weder Hand noch Fuß und ist offensichtig die einzige Quelle. Fragen Sie die Experten.
Von außen sieht es so aus, dass die Sachen dort relativ oft korrigiert oder wiederholt werden. Sogar die Atomaufsichtsbehörde (ÚJD) hat das Niveau dieses Bauobjektes kritisiert. Ist das keine Indikation für ein erhöhtes Risiko?
Ich kritisiere auch manchmal, weil ich will, dass das Kraftwerk schnell und sicher fertiggestellt wird. Wenn das Kraftwerk nicht fertiggestellt wird, werden keine Dividenden von der Gesellschaft Slovenske Elektrarne ausgezahlt und indirekt ist es das Geld von sämtlichen Steuerzahlern, da der Staat ein Aktionär der Gesellschaft Slovenske Elektrarne ist (34 Prozent). Ich will jedoch in diese Debatte, die Sie eröffnen, nicht einbezogen werden, da ich das Maß dieser Probleme, und auch wer der Verursacher dieser Probleme ist, nicht beurteilen kann.
Etwas darüber, wie der Bau des Kernkraftwerks kontrolliert wird
Wer ist bei der Durchführung der Verankerungsarbeiten im hermetischen Bereich des Kraftwerks anwesend?
Der jeweilige Lieferant. Es gibt tausende Bohrungen und diese werden im Voraus genehmigt. Genehmigt werden deren Anordnung, die Art der Ausführung und sie werden auch von der Aufsichtsbehörde ÚJD kontrolliert. Die Bohrungen werden erst dann genehmigt, wenn sie alle erforderlichen Kriterien erfüllen.
Der Lieferant macht die Bohrungen und dann kommt die Gruppe von UJD um die Prüfungen zu machen?
Diese Details müssen von der UJD beantwortet werden. Man führt die üblichen Kontrollen auf der Baustelle durch. Ich weiß, dass die Aufsichtsbehörde ÚJD ungefähr 50 Standortinspektoren hat, die direkt am Standort Mochovce sind. Bei bedeutsamen Arbeiten sind diese am Standort Mochovce von morgens bis zum Abend, und wenn nicht, nehmen sie die Sachen auf einer stationären Kamera auf. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle 50 Standortinspektoren die Bohrungen kontrollieren. Jeder von ihnen ist auf etwas Konkretes spezialisiert und nicht jeder muss auch auf Bohren spezialisiert sein.
Kann UJD bei der Anzahl der verfügbaren Inspektoren sämtliche Bohrungen prüfen?
Es werden verschiedene Destruktions- und Lastprüfungen durchgeführt und es werden detailliert Stichproben der Bohrungen und weitere Prüfungen gemacht. Die meisten Inspektoren von ÚJD wohnen direkt an diesem Standort. Denken Sie, dass diese Ihre eigenen Enkel gefährden würden?
Wenn diese dort nicht persönlich anwesend sind, so gibt es dort auch Kameras.
Nicht überall, nur dort, wo es nötig ist.
In der hermetischen Zone ist es bestimmt nötig.
Der Verlauf der örtlichen Inspektion der UJD gehört nicht zu meiner Kompetenz, aber jede Arbeit muss übernommen, geprüft und protokolliert werden. Soweit ich weiß, wurden auch videoskopische Kontrollen der Bohrungen sowie weitere Prüfungen gemacht.
Was bedeutet die videoskopische Prüfung?
Mit einer kleinen Kamera prüft der Inspektor die ausgewählte Bohrung uns stellt fest, ob diese richtig ausgeführt wurde. Es werden auch mehrere ex-post Prüfungen vorgenommen, bei denen Platten stichweise ausgewählt werden und deren maximale Belastung geprüft wird, weiter werden Zerstörungsprüfungen durchgeführt und die Korrektheit der Ausführung kontrolliert. Das ist ein komplexer Prüfprozess.
Kann man bei der ex-ante Prüfung oder mittels Kameras herausfinden, ob der Stahlbeton perspektivisch nicht beschädigt wurde?
Die Ex-post Prüfung stellt fest, ob richtig vorgegangen wurde. Alle Projekte respektieren Armierungstrassen. Soweit man an einen Roxorstahl anstößt, muss dies z.B. mit Überplattung gelöst werden.
Was passiert in dem Fall, wenn ein Mitarbeiter an einen Roxorstahl anstößt und diese Tatsache nicht meldet? Wird diese Tatsache vor der Reaktorinbetriebnahme festgestellt?
Die gesamte hermetische Zone wird geprüft. Es wird eine komplexe Dichtheits- und Festigkeitsprüfung durchgeführt. Im gesamten Raum der hermetischen Zone wird ein Druck in Höhe von 150 kPa aufgebaut, was lediglich etwas weniger als der Druck im Autoreifen ist. Dann werden der Druckabfall und die Durchbiegung der ausgewählten Wände und Decken an der Grenze der hermetischen Zone gemessen.
Und wie war das Ergebnis?
Innerhalb von 24 Stunden betrug der Druckabfall nur 1,06 Prozent. Das ist ein ausgezeichnetes Ergebnis. In der Kernanlage V1 (Reaktorblöcke in Jaslovske Bohunicie, in Betrieb genommen in den Jahren 1978 – 80, stillgelegt in den Jahren 2006 – 2008) war der Druckabfall anfänglich bis zu 20 Prozent.
Was passiert beim Flugzeugabsturz auf die Kernanlage Mochovce
Den Vorwurf von den Österreichern kann man auch so verstehen, dass sich die heutigen Eingriffe in die Konstruktion erst 20-30 Jahre später zeigen werden. Die Lebensdauer der Kernanlage beträgt 60 Jahre.
Ein gewisser Herr Reinhard Uhrig wird von den österreichischen Aktivisten GLOBAL 2000 als ihr Hauptspezialist bezeichnet. Dieser Herr Uhrig hat keinen Eintrag in der Datenbank SCOPUS, das heißt, als ob er gar nicht existiert hätte, und wir befassen uns mit seinen Gefühlen und pseudofachlichen Stellungnahmen. Übrigens, Herr Uhrig hat an der University College London im Fachbereich Literaturtheorie promoviert.
Es handelt sich jedoch um eine Kernanlage.
Gerade darum. Die Diskussion muss fachlich und mit Technikern und nicht mit Amateuren geführt werden. Übrigens, in der Nähe des Flughafens Schwechat steht eine Raffinerie. Wenn es dort zu einem Flugzeugabsturz kommt, so wird die Donau bis zum Schwarzen Meer schwarz sein und der Brand wird bis nach Spanien sichtbar. Damit beschäftigen wir uns gar nicht, aber mit einem beständigen und geprüften Gebäude. Es gibt viele von solchen Beispielen.
Stimmen Sie jedoch zu, dass die Radioaktivität ein größeres Problem ist?
Noch lange nicht. Sehen Sie sich nur die Folgen der Havarien von Raffinerien und Chemiefabriken in der ganzen Welt an. Die Folgen sind wesentlich schlimmer als beim Kern. Was passiert, wenn ein Flugzeug an ein Kernkraftwerk? Der Reaktor wird abgestellt. Er ist mit einer 1,6-m dicken Wand aus Vorspannbeton geschützt, dazu seismisch beständig. Die Wahrscheinlichkeit, dass man einen Reaktor direkt trifft, ist praktisch null und wenn dies auch passieren würde, so wird nur ein schwach radioaktives Wasser herausfließen. Dieses Wasser wird in dazu vorgesehene Kanäle einfließen und durch Filter gereinigt.
Ist das sicher?
Der Reaktor wird abgeschaltet (abgestellt) und vielleicht wird ein bisschen Wasser herausfließen (Wahrscheinlichkeit 10 hoch minus fünf), welches automatisch nachgefüllt wird. Dazu wird das Wasser auf der Primärseite ungefähr so kontaminiert wie Radonquellen im Kurort Jánske Lázne in der Tschechischen Republik. Das Wasser in diesem Kurort wird auch von Touristen getrunken. Dieses Wasser enthält jedoch keine Mineralien.
Eines der Argumente, das bei der Kernanlage Mochovce wiederholt auftaucht, ist der Vorwurf, dass das Reaktorgebäude den Absturz eines kleinen Flugzeugs standhalten kann, jedoch eines großen vielleicht nicht. Dies wird auch von den Österreichern angedeutet.
Meiner Meinung nach ist die Kernanlage Mochovce in der Lage, auch den Absturz eines großen Flugzeugs standzuhalten. Im Gelände sind Hindernisse, die auf Masten und auf dem Netz beruhen. Diese Elemente verhindern den Flugzeugabsturz nicht, aber sie werden ihn bestimmt fragmentieren.
Was genau bedeutet dieser Begriff „fragmentieren“?
Das Flugzeug wird in zwei und mehrere Teile zertrennt. Danach folgen noch ein bestimmter freier Raum und erst dann das Containment mit den weiteren Schutzelementen. Im Flugzeug ist der Motor am schwersten. Dieser hat auch die größte Dynamik. Bestehende Analysen wurden nur für ein Kleinflugzeug berechnet. Was würde in der Tat beim Absturz eines großen Flugzeugs passieren? Würde die Außenwand oder das Containment beschädigt? Dann wird es eben repariert. Ich glaube nicht, dass Terroristen totale Idioten sind und dass sie versuchen werden, so etwas zu machen, wo sie ihr Leben verlieren könnten und dabei keine Chance auf Erfolg haben. Dazu kommt, dass gegen eine solche Attacke unser Schutzsystem zur Verfügung steht.
Was kann man in solch einem Falle bei Abwesenheit der Verteidigungsstreitkräfte des Landes machen?
Der Reaktor kann, wenn man ein fliegendes Flugzeug erblickt, abgeschaltet werden. In ein paar Sekunden kann die Leistung von 100 auf 5 Prozent herabgesetzt werden, also innerhalb von zehn Sekunden wird die Spaltreaktion abgestellt.
Darüber, warum in Mochovce wahrscheinlich kein weiterer Reaktor mehr gebaut wird
Die Österreicher haben beim ÚJD auch darüber gefragt, ob im Fluss Hron genug Wasser zur Kühlung der neuen Blöcke vorhanden ist.
Das ist eine gute Frage. Als man über den Bau eines weiteren Kernkraftblockes erwogen hat, welcher nach Mochovce realisiert werden soll, gab ÚJD die Empfehlung, dass man in der Lokalität Mochovce keinen fünften Block nicht mehr bauen sollte. Grund dafür war das technische Wasser.
Dafür ist dort zu wenig Wasser?
Das Wasser in Mochovce würde auch für einen geläufigen Betrieb des fünften Blockes ausreichen. Die Disposition des Wassers rechnet allerdings mit einer sogenannten hundertjährigen Trockenheit in Kombination mit dem Fakt, dass Sie einen Wasservorrat für Havarien benötigen. Das bedeutet, was passiert, wenn im Monat August irgendeine Woche kommt, während welcher eine hundertjährige Trockenheit eintritt und Sie gleichzeitig den Wasservorrat für Havarien benötigen. Dieser gibt einer Menge von Reservesystemen die Kühlung. Es hat sich ergeben, dass das Wasser in der Lokalität für vier Blöcke reicht. Für den fünften Block und hauptsächlich im Fall, wenn dieser größer wäre als die anderen, würde das Wasser dann nicht mehr reichen. Es könnte abgesichert werden, aber dafür müssten große künstliche Seen angelegt werden, welche mehrere Jahre gefüllt werden müssten.
Wenn die Kühlung die empfindlichste Stelle ist, wie sieht es dann beim Kühlturm und einem Flugzeugaufprall aus?
Ich möchte hier keine Anleitungen geben und alle Sicherheitssysteme des Kraftwerks erläutern. Mochovce erfüllt alle internationalen Standards und Anforderungen. Die Kühltürme sind allerdings ein uninteressantes Ziel. Ein evtl. Aufprall in den Kühlturm würde die Haupttechnologie nicht gefährden. Es geht darum, dass die aktive Zone nicht dauerhaft die Kühlfähigkeit verliert. Zur Kühlung existieren in Mochovce einige Reservesysteme. Wir haben hier Duschsysteme, dann haben wir das Hochdruck- und Niederdrucksystem für die Auffüllung bei Havarien, weiterhin haben wir Hydroakkumulatoren, die absichern, dass das Wasser durch Gravitation in die aktive Zone fließt. Es wäre schon ein großer Zufall, wenn alles auf einmal versagen würde. Ein großer Vorteil ist auch, dass Doppelblöcke gebaut werden. Sie sind gegenseitig verbunden und wenn an einem die Elektrizitäts- oder die Wasserzufuhr versagt, wird diese vom zweiten entnommen.
Fukushima hat so nicht funktioniert?
Dort wurde alles auf einmal vom Wasser überschwemmt, alle Verteilungen wurden kurzgeschlossen, schlussendlich bestand keine Möglichkeit wo man den mobilen Generator anschließen konnte.
Wie wird die Elektrizität in Mochovce abgesichert?
Es existieren dort mehrfache Reservemöglichkeiten. Es sind dort geläufige Maste für das öffentliche Netz, dann die Reserveeinspeisung, Sie haben dort auch Reservebatterien, die vierte Reserve sind Dieselgeneratoren, welche innerhalb von 40 Sekunden auf eine Leistung von 10 MW anlaufen müssen. Zusätzlich sind dort noch mobile Dieselaggregate. Das alles soll auf einmal versagen? Tsunami erwarten wir in Mochovce nicht.
Auf der Pressekonferenz der Partei „Progresívne Slovensko“ bezweifelte man z.B. die Dieselgeneratoren, angeblich endete ihnen schon jetzt die geplante 30-jährige Lebensdauer.
Keiner im Kernkraftwerk würde es sich erlauben, Dieselgeneratoren in Betrieb zu nehmen, welche weder voll funktionstüchtig noch zuverlässig wären. Auch die Dieselgeneratoren müssen durch strenge Tests unter der Kontrolle des Amtes für Atomaufsicht gehen. Eine Erneuerung, Generalreparatur oder ein Ersatz ist Fakt kein technisches Problem. Sie können sich sicher sein, dass UJD im Fall von irgendwelchen Problemen mit den Dieselgeneratoren nicht die Genehmigung und den Betrieb erteilen würde.
Alle neuen Kraftwerke werden trotzdem mit vollständig anderen Typen von Containments gebaut als in Mochovce. Sie haben eine große ovale Abdeckung, sogenanntes sekundäres Containment, über dem Kraftwerk. Sie argumentieren dabei auch mit der Gefahr eines Flugzeugabsturzes.
Das hängt mit der Havarie von Tree Miles Island vom 28. 3. 1979 zusammen. Dort war diese Art des Schutzes installiert, aber nicht aus Gründen einer äußeren Gefahr.
Was ist dort passiert?
Es kam zum Ausfall der Kondensat-Pumpen und anschließenden Störung des Ventils des Volumenkompensators. Im Reaktor überhitzte sich der Brennstoff und bei dessen Oxidation entstand Wasserstoff. Im Innern des zweiten Blockes explodierte der Wasserstoff sogar zweimal und das Gebäude hielt dies alles aus. Das große zylindrische Containment beherrschte in diesem Fall die Explosion gut. Es war auch so ein schwerer Störfall, weil auch der Brennstoff geschmolzen ist (auf der internationalen Skala von Atomstörfällen INES handelte es sich um die Stufe 5, die schlechteste Stufe 7 erhielt die Tragödie in Tschernobyl). Die Lehre daraus war, dass es gut wäre, wenn alle Kraftwerke diesen Containment-Typ hätten. Aber auch dieser Störfall hatte keinerlei Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung.
Also, warum behaupten Sie, dass Mochovce sicher ist?
Mochovce hat ein anderes Schutzsystem, das sogenannte Unterdruck-Containment mit Vakuum-Barbotage-System, welches den Druck in der hermetischen Zone senkt und so einen Austritt von Strahlung verhindert. Mochovce ist, kurz gesagt, auf einer anderen Philosophie aufgebaut. Es hat eine kleine Leistung und große Sicherheitsreserven.
Hier können wiederum die Aktivisten einwenden, ob dieses auf den ersten Blick kleinere Schutzsystem ausreichend auch von außen geschützt ist, z.B. beständiger gegen einen Flugzeugabsturz.
In Mochovce befindet sich der Reaktor in einem Betonschacht. Das Stahlgefäß des eigentlichen 212 t schweren Reaktors ist ca. 15 cm dick. Der Reaktor, der Dampfgenerator und auch die Hauptumlaufpumpen befinden sich in hermetischen Boxen. All dies schwer zu beschädigen ist fast unmöglich. Auch ein evtl. Austritt von Radioaktivität ist durch das Barbotage-System abgesichert.
Wenn die Sachen so gut funktionieren, wie ist es dann möglich, dass wir in Jaslovske Bohunice zwei schwere Störfälle hatten? In einem Fall starben zwei Menschen und im zweiten Fall kam es zu einer Beschädigung des Brennstoffs und das radioaktive Material drang in den Raum des Kraftwerks ein.
Warum kann ein Störfall wie bei A1 (Kraftwerksblock in Bohunice, abgestellt ab 1977) nicht bei V2 (funktionierender Block des Kraftwerks in Bohunice) oder in Mochovce passieren? Weil dies völlig andere Typen von Kraftwerken sind. Die Technologie des Prototyp-Kraftwerks A1 in Bohunice ermöglichte einen Brennstoffwechsel während des Betriebs. Auch die Störfälle, welche Sie erwähnten, geschahen während des Brennstoffwechsels bei vollem Betrieb und haben damit zusammengehangen. Die Technologie der neuen betriebenen und der sich im Bau befindlichen Kraftwerke erlaubt nicht eine solche Vorgehensweise. Sie stellen den Reaktor ab und wechseln sicher die Brennstoffzellen.
Darüber, ob die Finnen bessere Kraftwerke bauen als wir
Wo steht Mochovce im Vergleich mit anderen Typen von Kraftwerken? Zum Beispiel bauen die Finnen gerade das Kraftwerk Olkiluoto auf modernster Grundlage, während die Planung von Mochovce im vergangenen Jahrhundert begonnen wurde.
Die EPR Einrichtung, wie sie in Olkiluoto installiert wurde, erzeugt mit der gleichen Anzahl von Mitarbeitern eine wesentlich größere Elektrizitätsmenge. Die Leistung des Reaktors beträgt bis zu 1750 MWe. Das bedeutet, dass das Kraftwerk ökonomischer ist, aber meiner Meinung nach nicht erheblich sicherer. Unser Reaktor ist relativ klein, weil es notwendig war, ihn mit einem LKW zu transportieren. Mit einem Schiff nach Bohunice zu gelangen geht nicht. Aber gerade bei einem neueren Kraftwerkstyp, wie z.B. EPR, ist es möglich, in der ersten Zeit einen gewissen Typ von Kinderkrankheiten zu erwarten
Kinderkrankheiten?
Das ist das gleiche, als wenn Sie ein neues Modell eines Autos für die Formel 1 aufbauen. Während des ersten halben Jahres wird der Rennfahrer ständig im Rennen ausfallen, irgendwas löst sich, anderswo sind die Parameter nicht gut eingestellt. Sie benötigen eine gewisse Zeit, um alles zu testen, abzustimmen und richtig einzustellen.
Die Finnen innovieren zu sehr?
Das würde ich nicht sagen. Sie gehen ebenso von zuverlässigen Modellen aus, aber immer, wenn Sie ein neues Modell haben, treten die Probleme am Anfang häufiger auf und dies geschieht auch am Anfang des Betriebs.
Jedes Kraftwerk hat nach dem Anlauf Probleme, über welche wird nicht gesprochen?
Nicht jedes. Eben deshalb wird vor jedem scharfen Betrieb eine große Anzahl von Tests durchgeführt. Es wird die kalte und heiße Hydroprobe und das physikalische Anfahren gemacht und erst dann erfolgt der energetische Start. Das Kraftwerk muss auf der nominellen Leistung nachweisbar und ohne Probleme 144 Stunden abarbeiten. Erst dann ist es möglich, das Protokoll über seinen energetischen Start zu unterschreiben.
Können Sie die angenommenen Fehler an einem Beispiel beschreiben?
Zum Beispiel stellen Sie bei einer visuellen Kontrolle nicht immer fest, dass die Pumpe nicht gut verankert ist. Dies zeigt sich erst, wenn Sie die Pumpe mit einem hohen Druck belasten. Hier wird die Rauschdiagnostik und die Messung der Vibrationen genutzt und der optimale Betriebszustand abgestimmt.
Die Lebensdauer eines Kernkraftwerks wird auf 60 Jahre geplant. Reichen die Prüfungen?
Diese 60 Jahre sollte ein Zeitraum mit einer niedrigen Störungsintensivität sein. Schauen Sie sich z.B. eine Waschmaschine an. Wenn Sie diese erst nach dem dritten Einschalten läuft, sagen Sie sich, dass dies das höchste Maß Ihrer Toleranz ist und dann wechseln Sie diese oder lassen sie generalüberholen. Und es beginnt eine neue Kurve der Lebensdauer. Dieser Prozess lautet auch Verlängerung der Lebensdauer. In den letzten Jahrzehnten perfektionierten sich die Methoden der Diagnostik, der Instandhaltung, aber auch des gesamten Betreibens. Alle Komponenten werden laufend getestet und alle verschlissenen Komponenten werden ausgetauscht. In der Kernenergetik ist zusätzlich die Sicherheit dem Betreiben übergeordnet.
Mochovce wurde begonnen, im vergangenen Jahrhundert zu bauen. In der Zwischenzeit werden auf der Welt moderne Quellen gebaut.
Die Russen bauen überall mit der Technologie VVER-1000 MIR, China startete im Jahr 2018 den Betrieb des ersten Blocks EPR (AREVA/Siemens) und 2 neue Blöcke AP1000 von der amerikanischen Firma Westinghouse. Einige sind ökonomischer, aber das Modell VVER-440, V-2013 ist robuster und jahrelang durch das bisherige Betreiben gut erprobt. Darum denke ich, dass Mochovce ausreichend sicher ist und dies habe ich auch den italienischen Managern vor 10 Jahren erläutert.
Die Italiener haben am Anfang über eine Änderung der Technologie spekuliert?
Nein, es wurde darüber debattiert, ob man diesen Ausbau anfängt oder nicht. Ich habe ihnen erklärt, dass, was die Beständigkeit gegen Störfälle betrifft, dieses robuste ältere Modell, wenn man es mit der neuesten Technologie versieht, das beste Modell ist, was existiert. Wir haben jahrelange sein Betreiben erprobt, von den vorangegangenen Modellen VVER-440 bis zum Typ V-213 in Finnland, der Tschechei, Ungarn und Russland. Zum Beispiel hat es sechs Kreisläufe (Zirkulationskreisläufe, angeschlossen an den Reaktor, die die Wärme aus der aktiven Zone abführen). Dies ist heute schon unökonomisch. Jetzt werden Blöcke mit vier oder mit zwei Kreisläufen gebaut. Mochovce ist aus mehreren Sichten überdimensioniert. Es ist so, als wenn Sie in einen robusten Mercedes der älteren Generation mit guter Qualität die neueste Technologie einbauen, neue Steuerung, Airbags, Bremsen und alles Wesentliche.
Bei Ihnen waren die Italiener als sie sich entscheiden mussten, wie geht es mit Mochovce weiter.
Sie haben selbst entschieden und haben mehrere Fachleute konsultiert. Damals war aber die Zeit der „Kern – Renaissance“ und auch die Italiener haben ernsthaft erwogen, dass sie zum Atomprogramm zurückkehren. Vergessen Sie nicht, dass sie in der Vergangenheit vier Kernblöcke aufgebaut haben, welche sie jetzt liquidieren.
Bei uns wollten sie dies lernen?
Einer der Gründe war, dass sie schon fast die Erfahrung mit dem Bau der erwähnten vier Kernkraftwerke verloren hatten, welche sie erneuern wollten.
Darüber, ob Mochovce vor dem Starten auch international kontrolliert wird
Am Ende des Gesamten wird den Baus nur ÚJD genehmigen?
Ja, diese Entscheidung gibt ÚJD.
Leute von der Internationalen Agentur für Atomenergie kommen nicht?
Sie sind eingeladen, aber die Planung eines solchen Besuchs dauert einige Zeit. Bestimmt kommen Spitzenexperten im Rahmen der Mission WANO, die das Kraftwerk einer gewissenhaften und tiefen Kontrolle unterziehen. Was MAAE betrifft, so überprüft diese Mission grundsätzlich das gleiche. Soweit ich informiert bin, sollen sie zu einer großen Inspektion aller vier Blöcke im Jahr 2021 kommen.
Dann sollen schon die neuen Blöcke in vollem Betrieb sein.
In der Frage des Betreibens der Kernkraftwerke entscheiden die Staaten souverän.
Wenn die slowakischen Inspekteure irgendwas übersehen, einfach deshalb, dass sie keine Chance hatten dies zu sehen, so wird dies irgendwann mal aufgezeigt?
Das ist hypothetisch. Die Kontrollen sind gründlich. Ich kann nicht garantieren, dass die Inspekteure alles aufdecken, aber sie haben Vorschriften darüber, was sie kontrollieren müssen. ÚJD hat riesige Befugnisse, es kann Strafen auferlegen oder auch die Lizenz entziehen und das Kraftwerk schließen. Erinnern wir uns daran, dass vor dem Anfahren noch eine Menge von Tests durchgeführt werden, wie z.B. Dichtheitsprüfung, Hydroprüfung usw.
Was ist die Hydroprüfung?
Diese wird an den Rohrleitungen durchgeführt. Es wird zum Beispiel geprüft, ob alle Schweißnähte an den Rohrleitungen die vorgeschriebene Qualität haben und dicht sind. Das gesamte Rohrleitungssystem wird auf 200 Atmosphären abgedrückt. Zuerst mit kaltem und dann mit heißem Wasser.
Da es sich um ein Projekt handelt, welches im vorigen Jahrzehnt konfiguriert wurde, wie lange befindet sich der Reaktor auf dem Bau?
Der eigentliche Druckbehälter wurde vom Lager im September 2008 gebracht. Der Stahl des Druckbehälters des Reaktors hält aber bei richtiger Konservierung minimal 100 Jahre. Der dritte Block wurde in dieser Zeit zu 40% baulich beendet, aber die Technologie wurde erst nach dem Jahr 2008 hinzugefügt, als das Projekt die italienische Gesellschaft Enel übernommen hat.